Zum Hauptinhalt springen

Gefühle ernst nehmen und benennen

Ein kleines, blondes Mädchen sitzt vor dem Fenster, das Kinn auf die Knie gestützt und sieht traurig ihren kleinen Teddy an

08.11.2023

Text: Bianca Menzel; Fotos: Adobe Stock/lexashka, Adobe Stock/Tomsickova, Adobe Stock/Bentuk Studio

Über Trauer, den Tod und das Sterben zu sprechen fällt Erwachsenen meist schon nicht leicht. Wie spricht man dann erst mit Kindern darüber? Wichtig ist vor allem, Gefühle und Ängste nicht abzublocken, sondern ihnen Raum zu geben.

„Es ist schwer zu sagen, wann Kinder den Tod wirklich begreifen. Man spricht über etwas Unvorstellbares. Auch für Erwachsene ist das kaum zu fassen“, weiß Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf aus Köln. Im Alter zwischen sechs und sieben Jahren machen Kinder meist die ersten Erfahrungen mit dem Tod.

„Wenn der Opa oder das Haustier stirbt, kommen sie mit dem Thema erstmals in Kontakt. Die Endgültigkeit können sie aber noch nicht begreifen“, erzählt die Psychologin und Autorin und ergänzt: „Kinder spielen auch ‚Du bist jetzt tot‘. Derjenige steht aber nach ein paar Sekunden wieder auf. Der Tod ist bei Kindern erst einmal etwas Temporäres.“ Erst mit der Pubertät, könne das Endgültige wirklich gefasst werden.

Doch wie thematisiert man bei seinen Kindern den Tod? Wichtig sei, so Elisabeth Raffauf, das Thema seinen Kindern nicht aufzudrängen. Das Umfeld biete im Laufe der Zeit die Gelegenheit von selbst. Stirbt beispielsweise die Oma, sollten die Gefühle dann auch aufgegriffen und eingeordnet und nicht verdrängt werden.

Ein kleiner Junge in einer gelben Regenjacke und blauen Gummistiefeln steht vor einem Grab und stellt eine Engelsfigur darauf ab.
Ein Andenken mit ans Grab zu nehmen, kann Kindern bei der Trauer helfen.

Kinder zur Bestattung mitnehmen

Auch Eltern dürfen dann sagen: „Ich bin auch traurig“ oder „Mir tut das auch weh“. Wichtig sei, die Gefühle ernst zu nehmen und zu benennen, zu beschreiben, wie sich das im Moment anfühle: „Kinder sollten wissen, dass man weinen darf. Und man wird dann auch getröstet“, betont die Psychotherapeutin.

In der Regel ist es auch sinnvoll, Kinder zur Bestattung mitzunehmen. „So erfahren sie, dass die Trauer einen Platz hat – auch ihre Trauer. Gleichzeitig kann man mit ihnen vorher besprechen, wie es abläuft und ob sie oder die Familie gemeinsam etwas Persönliches beisteuern möchte“, weiß Raffauf. Es kann eine Hilfe sein, ein Andenken oder ähnliches mit zum Grab zu nehmen. „Wenn ich beispielsweise mit dem Opa früher gerne Steine gesammelt habe, kann ich welche auf seinen Grabstein legen“, sagt die Kölnerin.

Die Angst benennen

Wenn sich in der Trauerphase stärkere oder anhaltende Ängste beim Kind entwickeln, ist es gut, der Angst einen Platz zu geben. Sich zu fragen, was genau hinter der Angst steckt. Ist es beispielsweise die Angst, dass nach den Großeltern jetzt auch Mama und Papa sterben? Man sollte die Furcht klar benennen.

„Je nachdem wie alt das Kind ist, kann es auch hilfreich sein, die Angst zu malen. Im Gegensatz dazu kann das Kind dann ein Bild malen, das einen Moment zeigt, bei dem alles gut ist. Und dann spricht man darüber, was es braucht, damit sich das Kind bei dem ‚guten‘ Bild wiederfindet“, rät die Expertin.

Die Frage nach der Wiedergeburt

Schwierig wird es, wenn Kinder schwer erkranken und sterben. „Damit man für das erkrankte Kind eine Stütze sein kann, ist es enorm wichtig, sich als Erwachsener selbst Hilfe für seine Trauer zu suchen“, rät die Therapeutin. Hilfreich sei, sich in der Gegenwart zu begegnen, die Zeit zu nutzen, die man hat. „Auch was danach passieren könnte, darf man besprechen. Man kann auch das Kind ruhig vorher fragen, ob es darüber sprechen will.“

Ein Mädchen sitzt in einem leeren Raum und starrt die Wand an, neben ihr sitzt ein Teddy, der in die Kamera schaut.
Im Alter zwischen sechs und sieben Jahren machen Kinder meist die ersten Erfahrungen mit dem Tod – für sie ist die Endgültigkeit jedoch nicht zu greifen.

Grundsätzlich sollten Eltern beim Thema Tod ehrlich zu ihren Kindern sein. Auch wenn sie nicht immer eine Antwort auf ihre Fragen haben. Häufig stellen Kinder im Zusammenhang mit dem Tod die Frage nach der Wiedergeburt.

„Dann kann ich sagen, ich weiß nicht, ob es sie gibt, aber der Glaube daran, dass der Verstorbene in einem anderen Wesen neues Leben findet, hilft mir. Dem Kind eine Möglichkeit eröffnen, daran zu glauben, dass etwas weitergeht. Den Gedanken für gut befinden aber gleichzeitig nicht als Wahrheit darzustellen. Das hilft“, empfiehlt Raffauf abschließend.