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Der Radiergummi im Kopf

Zeichnung eines Kopfes, bei dem mit dem Radiergummi am Ende eines Bleistiftes die Farbe ausradiert wird.

12.10.2023

Text: Corina Wießler; Fotos: Adobe Stock/quickshooting, Adobe Stock/Gabriele Rohde, Adobe Stock/Natasa

Zuerst sind es kleine Gedächtnislücken im Alltag, die nicht groß beunruhigen. Doch irgendwann verblassen sogar Erinnerungen an die Vornamen der Kinder, aus Familienmitgliedern werden Fremde. Das Auftreten dieser Symptome weist auf Demenz hin. Unter diesem Überbegriff versammeln sich mehrere Krankheiten wie Alzheimer oder vaskuläre Demenz, die zuerst das Kurzzeitgedächtnis und später auch das Langzeitgedächtnis „ausradieren“. Aktuell leiden etwa 1,7 Millionen Deutsche an Demenz, zwei Drittel davon an Alzheimer. In der Regel ist die Krankheit nicht heilbar und verschlimmert sich im Laufe der Zeit.

Alzheimer und Demenz unterscheiden sich in der Art der Entstehung. Bei Alzheimer lagern sich Eiweiße im Gehirn ab, die der Körper normalerweise abbaut. Diese Ablagerungen, auch Plaques genannt, lassen die Nervenzellen langsam absterben. Eine Studie von 2022 prognostiziert, dass sich die Zahl der Erkrankungen in Deutschland bis 2050 um 65 Prozent erhöht. Zurückzuführen sei das vor allem auf die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung, so die Forscher.

An einer Demenz hingegen ist die gestörte Durchblutung des Gehirns schuld, die die Nervenzellen reduziert. Typische Auslöser sind ein ungesunder Lebensstil – dazu zählen Bewegungsmangel und Rauchen – oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder Depression. Erkrankt das Gehirn, verschlechtert sich nicht nur das Gedächtnis, sondern auch die räumliche Vorstellung. Ebenso wird die Gangart beeinflusst, Erkrankte schleichen oder gehen schlurfend. Eine Neurologin oder ein Neurologe kann mithilfe eines speziellen Fragebogens oder eines bildgebenden Verfahrens diagnostizieren, ob eine Demenz vorliegt.

Zu sehen sind die Hände einer alten Frau, verschränkt vor dem Bauch. Sie hält Bilder mit Erinnerungen in den Händen, die Gesichter der Personen darauf sind verschwommen.
Demenzerkrankte können sich im Laufe der Zeit an immer weniger erinnern: Oft können sie Familienangehörige nicht mehr erkennen.

Die Krankheit verläuft in drei Stadien

Laut des Bundesministeriums für Gesundheit verläuft die Demenz in drei Stadien. Der Anfang ist meist geprägt von leichten Gedächtnisstörungen, was sich in Vergesslichkeit äußert. Betroffenen fällt es zunehmend schwer, sich in fremder Umgebung zu orientieren. Auch die richtigen Worte fallen nicht immer ein. Das macht reizbar und sorgt für Stimmungsschwankungen. Im mittleren Stadium kommt es zu deutlichen Ausfällen. Mit der Zeit können Betroffene alltägliche Verrichtungen nicht mehr selbstständig erledigen und brauchen zunehmend Hilfe. Auch das Langzeitgedächtnis schwindet zunehmend – Erinnerungen an den Beruf oder Familienmitglieder verblassen. Besonders belastend ist für viele Angehörige, wenn Erkrankte sie nicht mehr erkennen oder ihr Wesen sich stark verändert.

Typisch für das späte Stadium der Demenz ist der Kontrollverlust. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschwimmen. Viele Betroffene stellen das Sprechen ein. Die innere Unruhe und das Umherirren nehmen zu. Der Körper verfällt bis hin zur Bettlägerigkeit. Das Gehirn verkleinert sich um bis zu 20 Prozent. Die Symptome schreiten meist langsam voran, sodass die Übergänge zwischen den einzelnen Stadien fließend sind. Ab Beginn der ersten Anzeichen beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung rund sieben Jahre, die Krankheit kann sich jedoch bis zu 20 Jahren hinziehen.

Ein alter Mann hält zwei Puzzleteile in den Händen, vor ihm liegen eine Brille und ein Blatt Papier.
Denksportaufgaben – zum Beispiel Puzzle, können dem krankhaften Abbau von Nervenzellen entgegenwirken.

Den Verlauf einer Demenz positiv beeinflussen

Sowohl Medikamente als auch Alternativmethoden beeinflussen den Verlauf einer Demenz positiv. Die medizinische Therapie setzt unter anderem beim Botenstoff Acetylcholin an, der verantwortlich für die Kommunikation der Zellen ist. Um seinen Abbau durch Enzyme zu hemmen, kommen spezielle Mittel zum Einsatz. Ein weiterer Ansatzpunkt zielt auf das Glutamat ab. Da der Stoff eine schädliche Rolle im Krankheitsprozess spielt, wird seine Wirkung medikamentös unterbunden. Bei manchen Betroffenen verbessern derartige Arzneien das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit. Mitunter verzögern sie auch das Fortschreiten der Merkmale. Den eigentlichen Krankheitsprozess können sie aber nicht verzögern oder stoppen. Nicht-medikamentöse Strategien zielen auf eine Änderung des Lebensstils ab. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass etwa Ausdauer- und Denksportaufgaben dem krankhaften Abbau entgegenwirken.

Geist-Reich dank 6-Punkte-Plan

1. Viel bewegen. Treppen steigen, Fahrrad fahren und regelmäßig spazieren gehen hält Körper und graue Zellen fit.

2. Rauchen einstellen. Es verengt die Gefäße, weniger Sauerstoff gelangt in die Nervenzellen. Dadurch sterben teilweise ganze Zellgruppen ab.

3. Das Erlernen einer Fremdsprache, Reiseeindrücke und kognitive Spiele (Zahlenrätsel, Puzzle) fördern neue Verknüpfungen zwischen den Synapsen.

4. Soziale Kontakte und die Liebe zur Familie stimulieren die grauen Zellen.

5. Die Mittelmeerküche mit viel Gemüse, Obst, Nüssen und Omega-3-Fettsäuren in Algenöl oder fettem Fisch bremst das Altern des Gehirns.

6. Alkoholgenuss einschränken. Ist die Leber durch übermäßigen Alkoholkonsum geschädigt, erhöht sich das Risiko für Ammoniak in der Blutbahn. Das setzt den Nervenzellen zu.